Sonntag, 2. August 2015

Sommerurlaub 2015 - 2. Teil

Samstag, 1.8.2015

Zuerst noch ein Nachtrag zu den Grenzgeschichten. Moritz kann sich noch gut erinnern, wie er mit Mutter und Schwester 1984 zum ersten Mal mit dem Bus nach Prag fuhr, für ihn damals zum ersten Mal in den Ostblock. Wie der Bus sehr lang an der Grenze stand, wie unangenehm die tschechische Grenzpolizei war, wie sie Leute zurück an die deutsche Grenze schickten, um den Bart abzurasieren.
Otto und Moritz können sich aber auch noch an einen Theaterausflug nach Brünn erinnern - schon nach dem Fall des Eisernen Vorhangs. Ottos Pass war vor kurzem (exakt 2 Wochen) abgelaufen und die tschechische Beamtin kannte keine Gnade - er wurde an der Grenze zum Zug herausgeschmissen, zusammen mit einem asiatischen Paar standen wir im Niemandsland. Der österreichische ÖBB-Beamte sagte nur: "Schon wieder!". Jedenfalls wurde flugs ein Taxi zurück in den Bezirkshauptort Gänserndorf organisiert, die örtliche Passstelle und der Fotograf avisiert - zwei Stunden später standen wir wieder am Grenzbahnhof, konnten den nächsten Expresszug nach Prag besteigen und die Premiere in Brünn (das näher an Wien liegt als Salzburg) war gerettet. Und jetzt: rein gar nichts! Kein Mensch will irgendwas sehen, man fährt einfach rüber und ist dort! Vielleicht sollte man das allen Leuten, die in Österreich ein Referendum zum Austritt aus der Europäischen Union unterschreiben, mal vor Augen führen. (Als Nicht-EU-Bürger und überzeugter Europäer darf man das schreiben - auch wenn heute noch dazu Schweizer Nationalfeiertag ist!)

Dann zur Auflösung des Rätsels. Kartoffeln heissen auf Tschechisch "brambory". Otto senior ist  im Waldviertel an der Grenze zu Böhmen aufgewachsen und das Wort gehört zu seinem aktiven Wortschatz im Deutschen. Allerdings wird das besagte Wort bei ihm etwas eingedeutscht zu "bramburi".

Nach dem exquisiten Frühstück mit wunderbaren tschechischen Mehlspeisen, ist ein längerer Spaziergang angesagt. Zweieinhalb Stunden erkunden wir die Gegend auf verschiedenen Spazierwegen - eine Melange, aus Goethe-, Metternich- und King Edward VII-Weg. Marienbad liegt wirklich sehr schön eingebettet in Wälder und die Umgebung ist recht wenig verbaut und sehr reizvoll. Wir kommen vorbei am Royal Golf Club, der von King Edward VII gegründet wurde. (Es sollen angeblich immer noch ab und zu Mitglieder des englischen Königshauses hier anzutreffen sein.) Weiters liegt am Weg das wunderbare Hotel Rübezahl, wo vorher genanntes gekröntes Haupt zu speisen pflegte und das Skigebiet, mit zwei Liften und Gondelbahn. Die Piste ist sicherlich nicht länger als 400 Meter, dann muss man wieder anstehen an einem der Lifte.
Wieder im Hotel angekommen, gab es Schwimmen im hoteleigenen Schwimmbad und ein Glas der natürlich kohlesäurehaltigen hoteleigenen Mineralwasserquelle mit dem klangvollen Namen "Marie-Eva". Ach, so eine Marienbader Trinkkur tut sehr gut.
Das Hotel Esplanade wurde 1911 überhaupt vom Architekten Arnold Heymann gebaut. Er war sehr erfolgreich, baute einige Wohnhäuser in Wien, die nun unter Denkmalschutz stehen, und war ein Experte in Sachen Hotelbau. Das Parkhotel Schloss Schönbrunn in Wien stammt auch von ihm.

Jetzt lüften wir das Geheimnis, wieso wir schon früher als geplant nach Tschechien gefahren sind. Otto hatte doch im Tourismusbüro von Bodenmais den Prospekt des ambitiösen Projekts "9 Wochen Barock", das im Rahmen der Kulturhauptstadt Pilsen 2015 durchgeführt wird, in die Finger bekommen. Jedenfalls konnten wir dem Flyer entnehmen, dass in der Reithalle von Windischgrätz bei Tachau, die Oper "Costanza e Fortezza" von Johann Josef Fux aufgeführt wird. Fux schrieb die Oper zur Krönung von Kaiser Karl VI zum böhmischen König Anfang September 1723 in Prag. Es muss das grösste Barockfest in Böhmen gewesen sein - 1000 Mitwirkende, 4000 Zuschauer. Seither wurde das Werk nie mehr aufgeführt. Karolka (Ottos Milena) führte uns sicher ans Ziel durch die böhmische Provinz. Diese nach Wien grösste Reithalle der Donaumonarchie steht wieder an einem Ort, wo sich Fuchs und Hase Gute Nacht sagen. Es war ein wunderbarer Abend: beste Akustik, ein volles Haus, musikalisch und sängerisch auf sehr hohem Niveau, die Inszenierung schön barock angehaucht und vor allem ganz tolle Barockmusik. Keine Sekunde langweilig! Karolka führte uns sicher über böhmische Landstrassen zurück nach Marienbad. Den feierlichen Abend beschlossen wir mit einem Glas mährischen Sauvignon Blanc.
Zur Frage des Tages: Kaiser Karl VI war der Vater welcher das 18. Jahrhundert prägenden Persönlichkeit?

Sonntag, 2.8.2015

Die Liste derjenigen bekannten Personen, die Marienbad besucht haben, ob als Kurgäste oder Touristen ist lang. Ob allerdings Maria Theresia, unsere gesuchte Person von gestern hier war, ist nicht verbürgt. Kaiser Franz Josef I jedenfalls hat sich hier im Jahre 1904 mit Edward VII getroffen, von Goethe sind dessen Elegien, entstanden aus unerfüllter Liebschaft, bekannt und neben Freud und Schweitzer waren selbstverständlich jede Menge Komponisten hier, Dvorak, Mahler und auch Richard Wagner, der 1845 an Lohengrin und seinen Meistersingern arbeitete. Eine kleine Liste berühmter Kurgäste findet ihr hier.
Ein Exkurs noch zur gestrigen Oper: Da das Programmheft nur auf Tschechisch verfügbar und auch im Internet keine Inhaltsangabe zu finden war, sind wir nach wie vor bezüglich des Ablaufs der Oper im Unklaren. Auch die Ballette zu den Aktschlüssen, als Allegorien für das Habsburgerreich und das Königreich Böhmen waren nicht wirklich aufschlussreich. Wie auch immer, die Person  J.J.Fux ist in unserem Zusammenhang wichtig: Laut Angaben der Veranstalter wurde diese Oper seit der damaligen Krönung für Karl VI nicht mehr aufgeführt. Dieser Fux jedenfalls war Hofkapellmeister für die Kaiserinwitwe Wilhelmine Amalie, deren Gatte Joseph I war Bruder Karls VI und Vorgänger als Kaiser. In den Räumlichkeiten von Wilhelmine Amalie nach dem Tod ihres Gatten Joseph I, im Salesianerinnenkloster am Rennweg, ist heutzutage unter anderem Ottos Büro.
Unser Hotel beherbergte letzte Nacht asiatische Besucher in drei Bussen (Europa in zehn Tagen vermutlich) - während sie gerade noch ihre Suppen schlürften, und ein Meer von Koffern die Rezeption verstellte, gehen wir gemütlich zum Frühstück. Der Koch freut sich schon auf unsere Bestellung und bereitet unsere Wünsche mit frischen Eiern zu. Damit das Zimmer wieder sauber wird und der Kopfpolster seinen neuen Bezug erhält, spazieren wir in die Stadt, diesmal mit Ziel Kuranwendungen. Doch wir bewundern nur die Unmenge an Schnabeltassen in allen erdenklichen Größen und Moritz getraut sich dann doch in der Waldquelle einen Schluck zu nehmen. Der Gesichtsausdruck spricht Bände und hält Otto davon ab, gleiches zu tun.
Barock 2015 geht weiter. Heute steht im Rahmen dieses Festivals nachmittags ein Orgelkonzert auf dem Programm, dann eine gemeinsame Wanderung zu einer Picknickwiese mit Verpflegung und weiteren Darbietungen. Soweit die Theorie auf dem Papier und im Netz.
Zunächst gibt es ein Orgelkonzert in Utery (bis 1945 Neustadt - da war der Ort deutschsprachig, davon zeugt noch ein Gebäude mit dem Schild "Rathaus" und die vielen Gräber mit deutschen Namen am Friedhof). Das angekündigte Orgelkonzert wird durch eine Sopranistin und einen Oboenspieler ergänzt und dauert exakt dreißig Minuten. Der folgende Spaziergang ins nächste Dorf Vidzin (im Programm als "offene Landschaft" bezeichnet, entpuppt sich als gut zweistündiger Marsch durch Feld und Wald, nicht immer auf Wanderwegen. Der Weg der Versöhnung (deutsch-tschechisch) wird nicht wörtlich genommen, denn die Erklärungen sind alle auf Tschechisch und wir werden als ausländische Touristen nicht wahrgenommen. Die Kuchen und anderen Köstlichkeiten am  Picknickplatz mit wunderbarer Aussicht munden dann bestens und haben wir uns wirklich verdient. Danach wandern wir über die Asphaltstrasse zurück zu unserem Auto nach Utery (übersetzt "Dienstag"). Dort erst machen wir Bekanntschaft mit anderen Teilnehmern der Wanderung, einer Bürgerin aus Pilsen und deren Bekannten. Sie klärt uns auf, dass der Reinerlös der ganzen nachmittäglichen Aktion einem Renovierungsprojekt in Utery zugute kommt.
Zurück in unserem Hotelzimmer nehmen wir in der Sprudelwanne ein erquickendes Entspannungsbad und verpflegen uns mit unseren Vorräten. Nun zur heutigen Frage: Ist das Wort "pomaly" womöglich auch aus dem Tschechischen und wenn ja, was bedeutet es? Sonntäglich noch das Musikrätsel auf BR Klassik und eine Folge Ringstrassenpalais.

Montag, 3.8.2015

Schön "langsam" (Die Lösung des Rätsels von gestern! Auch dieses Wort verwendet man im Österreichischen. Im Schweizerdeutschen haben wir halt eher noble französische Lehnwörter.) Das ist die Devise des Tages bei den immer hochsommerlicher werdenden Temperaturen. Wir geniessen noch einmal das wunderbare Frühstück im Hotel Esplanade mit allem Drum und Dran - und v.a. natürlich dem Mineralwasser der hoteleigenen Quelle. Dann müssen wir unser Refugium verlassen - und zuerst mal den ganzen Plunder ins Auto verfrachten.
Die Reise wird nicht sehr lang - knappe 40 Kilometer liegen vor uns bis in den nächsten Badeort Franzensbad. Doch zuerst gibt einen Halt im schmucken Städtchen Cheb/Eger. Wie wir im Reiseführer lesen, muss der Aufschwung erst nach der Wende gekommen sein. Die deutschsprachige Bevölkerung wurde 1945 vertrieben, die Stadt war leer und Tschechen wollten sich nicht wirklich ansiedeln. Das sieht man der Innenstadt aber nicht mehr an. Und einmal mehr könnten die Gründerzeithäuser auch in Graz, Rijeka oder Bratislava stehen. Aber die Stadt hat einen noch schöneren älteren Kern. Was uns zur heutigen Frage führt: Wer musste in den Wirren des Dreissigjährigen Krieges am 25. Februar 1634 in Eger sein Leben lassen? Ja, ja, und man liest auch immer wieder, wie die Schweden hier gewütet haben. Also: Ingen ord pa svenska!
Das "preiswertige Einkaufszentrum" in der Fussgängerzone zieht Otto magisch an, gefühlte Ewigkeiten hält er sich dort auf, findet dort aber eine perfekt passende Mütze. Auch Moritz ersteht eine schicke neue und gute Sonnenbrille. Das Geschäft wird von Chinesen geführt... wie auch schon der Lebensmittelladen im kleinen Utery gestern!
(Eine kleine Nebenbemerkung noch zum gestrigen Konzert in der Dorfkirche von Utery/Neumarkt: Die Fassade der Kirche ist bestens renoviert, auch die Orgel neu! Schon erstaunlich, wenn man davon ausgeht, dass die katholische Kirche in Tschechien wahrscheinlich nicht sehr wohlhabend ist. Die Lösung des Rätsels findet sich auf einem Schild am Kirchportal:"Norwegian grants" - Norwegen zahlt (wie zum Beispiel auch die Schweiz) Geld in Fonds der EU, die dann für verschiedenste Projekte verwendet werden.)
Von Eger geht es noch ca. 8 Kilometer bis nach Franzensbad, wo wir im Harvey Spa & Kurhotel eines der besten Zimmer bekommen - symmetrisch in der Mitte über dem Eingang mit bestem Blick auf die Parkachse. Zuerst waren wir schon etwas erschreckt - der zum 1918 erbauten Hotel gehörende Neubau aus neuester Zeit ist russgeschwärzt.  In der Garage hat gestern ein Auto gebrannt und alle Zimmer sind geräumt. Da können wir ja noch von Glück reden, dass wir so ein tolles bekommen haben.
Wir erkunden den Ort. Wiederum ein wunderbarer Kurort mit schönsten und auch renovierten Gebäuden aus der Zeit der Monarchie, kleiner und weniger mondän als Marienbad, auch die Lage ist weniger schön, aber unter den alten kühlenden Bäumen zu flanieren, ist erfrischend und beruhigend.
Wir geniessen eine nachmittägliche Siesta im Zimmer. Die Lektüre der "Prager Zeitung, der Wochenzeitung aus der Mitte Europas" bringt uns auf den neusten Stand der tschechischen Innenpolitik und erinnert gleichzeitig an eine verschwundene Zeit: als in Prag zum Teil noch Deutsch gesprochen wurde und die Leute am Sonntag den Corso machten. (Literaturempfehlung: "Die Tante Jolesch oder Der Untergang des Abendlandes in Anekdoten" von Friedrich Torberg)
Danach erkunden wir die Wellness-Zone des Hotels, in der Sauna und dem Dampfbad hat man seine Ruhe, im Schwimmbad kann man nur stehen und liegen, es ist etwas klein geraten.
Otto hat für das Abendessen ein am Ententeich gelegenes Fischrestaurant  - die Tschechen bezeichnen diesen Wassertümpel "Schwanensee", Tiere von dieser Art waren allerdings weit und breit nicht zu sehen - (Rybarska Basta) ausgesucht. Der Zander mundet auch Moritz vorzüglich, dazu ein Glas mährischen Grünen Veltliner. Und die Welt ist vollkommen in Ordnung. Es taucht noch eine chinesische Grossfamilie auf, aber die Bedienung schafft die etwas komplizierte Bestellung ohne Probleme. Also uns ist das Glas Weisswein schon lieber, als das heisse Wasser, das die Gruppe zum Trinken bestellt.
Ein Verdauungsspaziergang durch den Englischen Garten und dann weiter mit dem Ringstrassenpalais. Vorgestern ist dort der erste Weltkrieg ausgebrochenen: "An meine Völker...".

Dienstag, 4.8.2015

"Ernst ist das Leben, heiter ist die Kunst." Dieses Zitat aus Schillers "Wallensteins Lager" ist zugleich die Lösung unserer Frage vom Vortag - Wallenstein eigentlich Albrecht Václav Eusebius z Valdštejna wurde am 25.2.1634 in Eger im Pachelbel-Haus am Unteren Marktplatz 492 ermordet. Nach fast fünf Tagen in Tschechien ist es an der Zeit sich ernsthaft mit den tschechischen Namen auseinanderzusetzen. Fast jeder Wiener kennt ein Dutzend Personen in seinem Umkreis, deren Namen auf Böhmische Vorfahren schliessen lassen. Um das obige Zitat auch richtig umzusetzen, wird auf Youtube empfohlen der "Telefonpolka" von Georg Kreisler zu lauschen.
Heute steht der dritte der berühmten böhmischen Badeorte - Karlsbad - auf dem Programm. Etwa 45 km sind es mit dem Auto, auf der Fahrt dorthin halten wir in Maria Kulm und besuchen die Kirche, welche einmal mehr mithilfe des Norway Grants renoviert wurde. Karlsbad ist zwar der bekannteste Ort und die Tourismuszahlen sind jedenfalls beachtlich, doch umgekehrt hat dies auch entsprechend Einfluss auf die Struktur. Sicherlich gibt es wunderschöne Häuserzeilen, eindrückliche Hotels und die Lage direkt am Fluss Eger ist pittoresk, aber umgekehrt kein Modelabel, das hier nicht vertreten ist und neben Deutsch ist Russisch die meistgehörte Sprache hier. Teure renovierte Appartements werden in kyrillischer Schrift zum Kauf angeboten und alle 20 Meter findet sich eine Wechselstube. Ein wenig sehnen wir uns nach der Ruhe in Franzensbad. Doch wir wollen uns drei Bauten des Wiener Architektenduos Fellner und Helmer genauer ansehen. Da ist zum einen das Stadttheater - ähnliche Theaterbauten gibt es in der ganzen Donaumonarchie und sogar in Zürich - doch leider kann man ausserhalb einer Vorstellung das Haus nicht besichtigen. Das Kaiserbad, momentan noch eher eine Ruine, kann besichtigt werden, der Hauptsaal (Zandersaal) ist ein wenig hergerichtet, im Erdgeschoss befindet sich eine kleine Ausstellung über böhmische Kurorte und deren Bauten. Wie bei fast allen Gebäuden dieser Architekten beeindrucken die Proportionen und liebevoll gestalteten Details. Entlang der Eger auf dem Goetheweg entdecken wird die Villa Basilea. Doch um die Mittagszeit ist nun wirklich eine Erholung notwendig und da ist in Karlsbad eigentlich nur eine Adresse angemessen: das Grandhotel Pupp. Schließlich ist auch dieses Gebäude ein Fellner und Helmer Bau. Moritz lässt sich eine Pupp-Torte schmecken, Otto die Schokoladentorte. Ein Buch über die Geschichte des Hotels wird noch als Souvenir gekauft und dann wird es Zeit an die Rückfahrt zu denken. Davor noch einen Hypermarkt aufgesucht, sich mit kulinarischen Köstlichkeiten eingedeckt, geht es in unser gemütliches Zimmer im Hotel Harvey.
Bevor wir uns einer weiteren Folge des Ringstrassenpalais widmen, noch die Frage des Tages: In beiden Kurorten Karlsbad und Marienbad trinkt man von Quellen, die dort untertags frei zugänglich sind. Was ist der wesentliche Unterschied bei den Quellen aus den beiden genannten Orten?

Mittwoch, 5.8.2015

Beim gestrigen Besuch in Karlsbad konnte man das Mineralwasser warm geniessen, so zwischen 50 und 65 Grad kommen sie auf die Erdoberfläche. In Marienbad sind die Quellen hingegen kalt. Auch in Franzensbad sind die frei zugänglichen Quellen kalt. Heute ist ein Kurtag angesagt - ausgerüstet mit Bechern spazieren wir sie ab. Von geniessen kann aber nicht wirklich die Rede sein, Kur bleibt Kur. Der Vorteil hier in Franzensbad ist eben, dass das kalte Mineralwasser etwas weniger grauslich ist als das warme. Kein Wunder soll man das Trinken mit dem Arzt absprechen, mehr als 10 Gläser pro Tag sind nicht zu empfehlen. Friedrich Schiller trank bei seinen Kuren noch 18 Becher im Tag, kein Wunder ist er relativ jung gestorben.
Bei unserem Rundgang in Franzensbad lernen wir den Ort noch einmal besser kennen. Es ist alles etwas kleiner als in Karlsbad und die Architektur stammt eher aus dem Biedermeier denn aus der Gründerzeit.  Das Hotel Imperial ist aber auf jeden Fall in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gebaut worden. Wir erfahren, dass sich das letzte österreichische Kaiserpaar dort kennengelernt hat: Kaiser Karl I und Kaiser Zita. Sie war damals als Prinzessin von Bourbon-Parma zusammen mit ihrer Tante auf Kur, er als Erzherzog bei den Dragonern in der Nähe stationiert. 1909 trafen sie sich das erste Mal, im nächsten Jahr wieder und 1911 wurde dann geheiratet. Kaiser Karl starb bereits 1922, Zita überlebte ihn um 67 Jahre. Zu den Fragen des Tages: Wo lebte Zita ab 1962? Und wer setzte sich anlässlich ihres 90. Geburtstags beim damaligen Bundeskanzler Kreisky dafür ein, dass sie Österreich besuchen konnte, obwohl sie nie offiziell auf den Thron verzichtet hatte?
Wir lernen auch die tschechische George Sand kennen: Bozena Nemcova.
Nach der anstrengenden Kurpromenade, ziehen wir uns auf eine Siesta in unser Zimmer zurück. Bei der Lektüre des Reiseführers erfahren wir einiges über tschechische Geschichte, so zum Beispiel, dass die Tschechoslowakei nach dem 1. Weltkrieg zu den 10. wichtigsten Industrienationen der Welt gehörte, weil 60% der Industrieanlagen des ehemaligen Österreich-Ungarn hier standen. Wir bemerken auch einen Fehler. Die Asiaten, die überall hier Geschäfte führen, sind nicht Chinesen, sondern Vietnamesen, die in den 70iger und 80iger Jahren hierher kamen. Wir möchten das hiermit berichtigen. Wir lieben alle Wikipedia, aber auch dort schleichen sich Fehler ein, so kann aus der Chronik des Grandhotel Pupp, die ja gestern erstanden wurde, nachgelesen werden, dass nicht Fellner und Helmer für den Bau des Hotels verantwortlich zeichnen, sondern ein anderes Wiener Architektenbüro Prihoda und Nemecek (die entsprechenden Sonderzeichen über den Buchstaben fehlen natürlich auch, dies mögen die Kenner unserer Leserschaft gütig verzeihen).
Nachdem Otto am Vormittag die Kuranwendung eher innerlich gemacht hat, macht sie Moritz am Nachmittag äusserlich - indem er das grosse Schwimmbad Aquaforum besucht. Das Schwimmen tut sehr gut.
Uns fällt immer wieder auf, dass es hier in Tschechien unzählige Minijobs gibt - in der kleinen Wellness-Zone unseres Hotels gibt es extra einen Bademeister, der die Handtücher bewacht; wenn man in die kleine, wenig besuchte Saunazone des Aquaforums geht, muss man klingeln und die Tür wird von einer jungen Dame geöffnet, die ebenfalls ein scharfes Auge auf der Frotteewäsche hat; dann die unzähligen Wechselstuben überall; dazu die Parkplatzwächter überall; die Dame, die den Laden nur mit den Andenken zum Grandhotel Pupp in der ebendortigen Lokalität betreut - das ist bei uns kaum mehr zu sehen und scheint ein letztes Überbleibsel der Zeit vor 1989 zu sein.
Vor dem Abendessen machen wir einen Spaziergang nach Amerika und müssen feststellen, dass unser fürs Essen vorgesehene Restaurant in der Zwischenzeit zum Verkauf steht. In Franzensbad selber finden wir einen schönen Garten und die dazugehörige Küche ist sehr solide. Wir hören hier - wie überall im Kurort - Tschechisch und Deutsch, Russen und auch andere Nationalitäten scheint es hier wenige zu geben.
Dann wieder eine Folge des Ringstrassenpalais, das uns immer mehr in den Bann zieht. Heute sind wir schon in der Zeit, in der Bundeskanzler Dollfuss ermordet wird.

Donnerstag, 6.8.2015

Zitas Altersitz war das St.-Johannes-Stift in Zizers in der Schweiz und interveniert hat der "Elefantenjäger" Juan Carlos von Spanien. Bekanntlich verbrachte Kreisky auf Mallorca seine Ferien und daselbst auch immer wieder das spanische Königshaus. Urlaub bildet bekanntlich.
Um eben die Kenntnisse des Kurwesens zu erweitern, steht eine kleine Rundreise auf dem Programm. Zunächst geht es in das Städtchen Loket, schon Goethe soll es ein landschaftliches Kunstwerk genannt haben, die Besonderheit nämlich ist die fast komplette Umschließung durch das Flüsschen Ohre. Die pittoreske Schönheit zieht natürlich Touristen nicht nur aus dem nahe gelegenen Karlsbad an, die Anzahl der zur Verfügung stehenden Parkplätze ist naturgemäß unzureichend. Auch wir stehen mehr oder weniger "wild" am Stadtrand, denn eine ausgedehnte Fussgängerzone durchzieht den Ort mit der mächtigen Burg. Doch man hat ihn schnell durchlaufen, auch angesichts der herrschenden Temperaturen genießt man das klimatisierte Auto. Über Böhmens Hain und Fluren gelangen wir nach Sachsen. Nach kurzer Fahrt erreichen wir eines der ältesten Kur- und Moorbäder Deutschlands Bad Elster, das zugleich auch das sächsische Königsbad war. Ehrlich gesagt, bis vor kurzem war uns dieser Ort völlig unbekannt. Nach der Wende scheint auch hier ein rasanter Aufstieg stattgefunden zu haben, seither allerdings schwindet die Bevölkerung wieder und es gibt auch ausreichend Quartiere, obwohl die Badeeinrichtungen alle frisch renoviert sind. Ja, in sechs Wochen wird eine neue Soleeinrichtung eröffnet. Man hatte 1990 eine neue Quelle gefunden und diese wird umfänglich mit Hotel und entsprechender Kuranwendung erschlossen. Ganz glaubt man es nicht, wenn man die Baustelle zu Gesicht bekommt, dass sich hier in wenigen Wochen Kurgäste tummeln werden. Aber wenn man dann sieht, dass die Projektleitung ein Architekturbüro aus Hollabrunn in Niederösterreich hat, ist man gleich wieder beruhigt. Überhaupt beruhigende Wirkung für Körper und Geist verspricht auch die Moritzquelle. Selbst angesichts dieser Namensgebung ist Moritz zu einer ausgiebigen Kuranwendung nicht zu bewegen. Otto, nunmehr in Kurwassern bereits recht bewandert, kostet und stellt fachmännisch fest, dass der Mineralgehalt stärker als bei den böhmischen Quellen ist und daher eine angenehme Bekömmlichkeit vorliegt. Im kleinen Kurcafe bei Kuchen und Kaffee, vor sich im Blick das stattliche König-Albert-Kurtheater, war alles in bester Ordnung, bis auf die kleine Ausnahme. Das Palasthotel Wettiner Hof stand zwar unter Denkmalschutz, aber es fand sich kein Investor und so wurde es mit Mitteln der EU abgewickelt, sprich dem Erdboden gleichgemacht. Solche Sünden findet man in Tschechien glücklicherweise nicht. Unglaubliche zwanzig Kilometer sind es bis Franzensbad und die Supermärkte der Gegend sind stark von deutschen Bürgern heimgesucht, angesichts der günstigen Preise und der gross angeschriebenen Warnung, dass 100 Euro-Scheine nicht angenommen werden - hier der Wert eines kleinen Vermögens - versucht ein Ehepaar mit sächsischem Dialekt vor uns an der Supermarktkasse dennoch ihr Glück. Nachmittags ziehen wir unsere Runden im Aquaforum und lassen das Wasser sprudelnd unseren Körper umfliessen. Das Abendessen im Zimmer mundet und die nunmehr neunte Folge des Ringstrassenpalais wird zur obligaten täglichen Unterhaltung. Zur Frage von heute: Sie kennen doch sicher die Hatscheks?

Freitag, 7.8.2015

Nein, die Hatscheks sind kein altböhmisches Adelsgeschlecht, sondern ein Akzent in der tschechischen Sprache.
Franzensbad, eigentlich Františkovy Lázně, ist nur 10 Kilometer von der Grenze zum Freistaat Bayern entfernt, am Freitag gibt es das Magazin der Süddeutschen Zeitung und das nur in deutschsprachigen Ländern, so beschliessen wir nach Waldsassen zu fahren. Zuerst leitet uns Karolka über Kleinststrässchen an romantischen Seen mit Gänsen vorbei, dann geht es auf der schnurgeraden Strasse nach Deutschland. Auch hier wiederum sehr viel Wald und dann wieder Landschaft so weit das Auge reicht. Waldsassen hat sehr viel Durchgangsverkehr, die armen Menschen. Dann besuchen wir die barocke Basilica minor, die wir aber nur zum Teil sehen, da sie gerade renoviert wird. Hier hat Leonard Bernstein im Frühjahr 1990 ein Konzert dirigiert - sechs Monate später ist er gestorben. Wir kennen sehr viele Komponisten, die sehr viel schöne Musik komponiert haben, aber man kommt immer wieder zu Mozart zurück, da gibt es Musik, mit der man in andere Welten sieht. Nehmen Sie sich Zeit für das Ave Verum in der Basilika von Waldsassen unter der Leitung von Bernstein. Die Zisterzienserinnen betreuen auch ein sehr schönes Gästehaus. Wir besuchen die alte Klosterbibliothek mit ihren wunderschönsten Holzschnitzereien, an denen Anfang des 18. Jahrhunderts 20 Jahre gearbeitet wurde. Die Führerin erklärt uns in schönstem bayerischem Idiom sämtliche Details. Ach ja, zur Frage des heutigen Tages. Wir sind im katholischen Bayern, deswegen gibt es auch eine katholische Frage: Wer ist die Schutzpatronin der Bücherfreunde/innen und Bibliotheken?
Wir fahren zurück nach Cheb, machen einen kurzen Stopp in einem der grossen Einkaufszentren und gehen sämtliche Regale durch. Leider können wir die Fertigmischung für Buchteln nicht kaufen, da die Herstellungsanleitung nur Tschechisch ist. Schade!
Zurück im Hotel gönnen wir uns einen kleinen Apero mit einem Chardonnay aus Mähren. Der mundet sehr gut. Wir haben die ganze Zeit in Tschechien nur mährischen Wein getrunken. Hier müssen sie schon noch etwas nachholen. Die Weissweine sind ganz ok, aber schon noch nicht so, wie man sie aus Österreich kennt, die Rotweine munden in den meisten Fällen nicht wirklich. Aber jedenfalls beschliessen wir, mal nach Valtice ins tschechische Weingebiet zu fahren. Das ist mit dem Zug von Wien aus nur eine Stunde, zudem gehört die Gegend dort zum UNESCO-Welterbe.
Wir müssen uns auch stärken, denn schliesslich steht am Nachmittag das knifflige Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung Sommerrätsel auf dem Programm. Fragen wie "Etwa 20 Kilometer nordwestlich einer Stadt, die für eine Schweinefleischspezialität bekannt ist, liegt ein Labyrinth, das nicht von den typischen Heckenpflanzen gebildet wird, sondern von einem anderen Gewächs. Wie lautet der gebräuchliche Name dafür?" Und solche und ähnliche Fragen 14x in anderer Form! Nach mehreren Stunden glauben wir, die Lösung gefunden zu haben. Die Tablets haben dafür auch leere Akkus!
Jedenfalls haben wir uns das Abendessen verdient. Im vornehmen Restaurant Casino (es ist ja der letzte Abend in Franzensbad) sind wir zuerst die einzigen Gäste. Otto bekommt endlich seine böhmische Ente und Moritz geniesst das Pilsner Gulasch. Diese Karlsbader Knödel sind einfach wirklich wunderbar. Der mährische Grauburgunder passt gut dazu und je wärmer er wird, desto besser. Das geht schnell, die Temperaturen sind dementsprechend.
Zu Hause steht die nächste Folge des Ringstrassenpalais an. Hoffentlich ist der 2. Weltkrieg schon ausgestanden.

Fortsetzung im 3. Teil










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